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Betrachte die Gleichung (x - 3)·(x + 2)·(x + 5) = 0
Es ist ein Produkt aus drei Faktoren (die Klammern), das 0 werden soll. Ein Produkt ist genau dann 0, wenn mindestens ein Faktor 0 ist. Man kann daraus schließen, daß mindestens eine Klammer 0 sein muß.
Es gibt drei Möglichkeiten:
1. Klammer ist 0: x – 3 = 0 ⇐⇒ x = 3
2. Klammer ist 0: x + 2 = 0 ⇐⇒ x = -2
3. Klammer ist 0: x + 5 = 0 ⇐⇒ x = -5
Offensichtlich hat die Gleichung also drei Lösungen, nämlich die Gegenzahlen der Zahlen in den Klammern;
und die Lösungsmenge ist
Leider liegen die allerwenigsten Gleichungen in dieser praktischen Form vor, in der man an den (linearen) Faktoren die Lösungen direkt ablesen kann.
Wenn wir unsere Gleichung in die Normalform umwandeln, also ausmultiplizieren, wird das deutlich:
(x - 3)·(x + 2)·(x + 5) = (x² + 2x - 3x - 6)·(x + 5) = (x² - x - 6)·(x + 5) = x³ + 5x² - x² - 5x - 6x - 30 = x³ + 4x² - 11x - 30
Wer kann die Lösungen an der Gleichung x³ + 4x² - 11x - 30 = 0 sofort direkt ablesen?
Allerdings haben wir einen Vorteil: Wir kennen die Lösungen und wissen, hinter welchen Zahlen sie sich verbergen: Es sind die Gegenzahlen der zweiten Summanden in den Klammern. Es lohnt sich, ihre Spur beim Ausmultiplizieren zu verfolgen, daher lasse ich sie im folgenden zweiten Versuch bis zum vorletzten Schritt einmal unausgerechnet stehen, wo sie normalerweise miteinander multipliziert oder addiert werden:
(x - 3)·(x + 2)·(x + 5) = (x² + (-3)x + 2x + (-3)·2)·(x + 5) = (x² + (-3+2)x + (-3·2))·(x + 5) = x³ + (-3+2)x² + (-3)·2·x + 5x² + (-3+2)·5·x + (-3)·2·5 = x³ + (-3+2+5)x² + (-3)·2·x + (-3·5+2·5)x + (-3)·2·5 = x³ + (-3+2+5)x² + (-3·2-3·5+2·5)x + (-3)·2·5 = x³ + 4 x² - 11 x - 30
Aha: Die Zahl -30 ist offensichtlich das Produkt aus den Zahlen in den Klammern,
also aus den Gegenzahlen der Lösungen!
Und der Faktor 4 vor dem x² ist die Summe dieser Zahlen.
Weiterhin ist der Faktor
Den Zusammenhang hat übrigens →François Viète (1540 – 1603) entdeckt, der sich zeitgemäß latinisiert auch Vieta nannte; man nennt dies nach ihm den Satz von Vieta.
Vor allem die erste Beobachtung ist unmittelbar hilfreich: Wenn man das Produkt unbekannter ganzer Zahlen kennt, so weiß man immerhin, daß die unbekannten ganzen Zahlen Teiler des Produkts sein müssen!
Da diese Zahlen die Gegenzahlen der Lösungen sind, wissen wir nun, daß die Lösungen Teiler des sogenannten absoluten Gliedes (der Zahl ohne x) in der ausmultiplizierten und zusammengefaßten Normalform des Polynoms sind. Über die Vorzeichen der Lösungen weiß man dadurch zwar nichts, aber immerhin schränkt diese Beobachtung die Zahl der Möglichkeiten doch ziemlich ein, vor allem wenn das absolute Glied nur wenige Teiler besitzt.
Beim Ausprobieren möglicher Lösungen kann man mit den kleinen Teilern beginnen.
Es sind die Lösungen der Gleichung
Das absolute Glied 21 hat die Teilermenge {±1, ±3, ±7, ±21). Ist 1 eine Lösung?
Berechne 14 - 4·13 - 22·12 + 4·1 + 21 =
1 - 4·1 - 22·1 + 4·1 + 21 = 1 - 4 - 22 + 4 + 21 = 0
Tatsächlich ist 1 eine Lösung.
Auch -1 ist eine Lösung, denn
3 ist keine Lösung, denn
aber -3 ist Lösung, denn
Hat man eine Lösung gefunden, so kann man sie mit Polynomdivision aus dem Polynom "herausdividieren" bzw. zu einem reduzierten Polynom kommen, dessen Lösungen die restlichen Lösungen des ursprünglichen Polynoms sind. ("Reduziert" bedeutet, daß dort kein x4 mehr auftritt, sondern maximal x3. Es wird also der Polynomgrad reduziert.)
Beispiel: Hat man x=1 als Lösung festgestellt, kann man das Polynom ohne Rest durch (x-1) dividieren:
(x4 - 4x³ - 22x² + 4x + 21) : (x - 1) = x³ - 3x² - 25x - 21 -(x4 - x³) —————————— - 3x³ - 22x² + 4x + 21 -(- 3x³ + 3x²) —————————————— - 25x² + 4x + 21 -(- 25x² + 25x) —————————————— - 21x + 21 -(- 21x + 21) ———————————— 0
Nun kann man mit demselben Verfahren nach einer Lösung von x³ - 3x² - 25x - 21 = 0 suchen und auch diese herausdividieren. Und so weiter, bis man alle Lösungen gefunden hat bzw. die reduzierte Gleichung so lösen kann.
Man rekonstruiert auf diese Weise
das Produkt aus den Klammern! Die erratene Lösung x=1 führt nämlich auf die erste Klammer
(x-1), und die Polynomdivision auf die faktorisierte Darstellung
Reduziert man weiter x³-3x²-25x-21 durch die Division durch (x+1) (gewonnen aus der
relativ leicht zu erratenden Nullstelle x=-1), erhält man
Für x²-4x-21 ist die Nullstelle x=-3 augenfällig, und die Division
→ Seite zum Üben dieses Verfahrens — (Im Rahmen oben links auf der Übungsseite muß dazu die Option "Es wird ein Polynom gegeben, Nullstelle und Divisor müssen selbst bestimmt werden" gewählt werden.)