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Lineare Gleichungssysteme lösen

Eine Gleichung, die nur eine Unbekannte hat, kann man (in allen euch bekannten Fällen) nach dieser Unbekannten auflösen und somit die Lösungsmenge bestimmen. Unter der Lösungsmenge sind alle Zahlen zu verstehen, die man für die Unbekannte einsetzen kann, so daß die Gleichung wahr ist, also "stimmt".

Manche Fragestellungen beinhalten jedoch zwei oder mehr Unbekannte, wobei man aber auch zwei oder mehr voneinander unabhängige Gleichungen aufstellen kann. Zum Beispiel eine kleine Textaufgabe:

Christina kauft vom Artikel A zehn Stück und zwölfmal Artikel B. Daniel dagegen kauft fünfzehn Stück von A, aber nur zwei von B. Christina bezahlt 38 Euro, Daniel 19,40 Euro.

Unbekannt sind die Einzelpreise von A und B. Da für beide Einkäufer die einzelnen Stückzahlen und der Gesamtpreis bekannt sind, kann man zwei Gleichungen aufstellen, die beschreiben, wie sich der jeweilige Gesamtpreis zusammensetzt. Der Einzelpreis von A wird hierbei durch die Variable a beschrieben und der Einzelpreis von B durch die Variable b:

        10a + 12b = 38             (Christinas Einkauf)
        15a + 2b  = 19,4           (Daniels Einkauf)

Leider kann man hier keine der einzelnen Gleichungen für sich genommen so nach einer Variablen auflösen, daß man den Einzelpreis ablesen kann, denn man bekommt die andere Variable nicht weg. Man weiß aber, daß die zu findenden Lösungen für a und b für beide Gleichungen gleichzeitig gelten müssen. Man hat hier dadurch ein System zweier Gleichungen mit zwei Unbekannten.
Es ist üblich, die Gleichungen mit römischen Ziffern zu numerieren und das Gleichungssystem zwischen parallele senkrechte Striche zu setzen:

I:        10a + 12b = 38  
II:15a + 2b = 19,4

Alle Verfahren, das Problem zu knacken, beruhen darauf, aus den n Gleichungen mit n Unbekannten (wobei mit n die Anzahl der Gleichungen und Variablen gemeint ist) nur noch eine Gleichung mit einer Unbekannten zu machen. Es gibt dabei im wesentlichen neben dem Erraten und dem graphischen Lösungsverfahren vier algebraische Verfahren:

→ Gleichsetzungsverfahren
→ Einsetzungsverfahren
→ Additionsverfahren
→ Eliminationsverfahren (auch →hier, mit interaktiven Beispielen mit Rechenweg)

Hat man mehr als zwei Gleichungen, dann führt in jedem Verfahren immer jeder einzelne Schritt zu einer Gleichung, die jeweils eine Variable weniger enthält.

 

Das Gleichsetzungsverfahren

Löst man die Gleichung II aus dem obigen Beispiel nach b auf, so erhält man b = -7,5a + 9,7. Diese umgeformte Gleichung nennen wir sinnvollerweise II'. Da auf der rechten Seite noch das a vorkommt, hängt b also von a ab. Immerhin kann man hier für jeden Wert von a sofort ein zugehöriges b berechnen.

Wäre a beispielsweise 0,50 Euro, so könnte man b berechnen mit -7,5·0,5 + 9,7 = 5,95.
Möglicherweise ist a=0,5 ja bereits die Lösung. Wenn ja, dann müßte sie mit b=5,95 auch die erste Gleichung (10a + 12b = 38) erfüllen. Leider ist aber 10·0,5+12·5,95 = 76,4 und nicht 38.

Ihr merkt (hoffentlich) sofort, daß b = -7,5a + 9,7 eine lineare Funktion beschreibt mit der Steigung -7,5 und dem y-Achsenabschitt 9,7. Zu dieser Funktion kann man einen Graph zeichnen, der eine Gerade ist.

Dasselbe kann man auch mit der ersten Gleichung durchführen: Auflösen nach b und Zeichnen des zugehörigen Graphen b = -5/6a + 19/6   (II').

Der Schnittpunkt beider Graphen ist der Punkt des gesuchten Lösungspaares (a|b), denn er liegt auf beiden Graphen, und seine Koordinaten (a|b) "passen" somit in beide Gleichungen. Wenn man einigermaßen genau zeichnet, kann man die Koordinaten und damit die Preise möglicherweise bis auf 5-10 Cent genau ablesen. Natürlich hört aber spätestens beim Geld die Großzügigkeit auf: Wir müssen es genau wissen!

Nun erinnert euch, wie man den Schnittpunkt zweier linearer Funktionen berechnet: Man setzt die Funktionsterme gleich. In unserem Beispiel sind die Funktionsterme -7,5a + 9,7 und -5/6a + 19/6. Man setzt sie also gleich und erhält dadurch eine Gleichung, die nur noch eine Unbekannte enthält. Man kann mit ihr also die Lösung für a bestimmen. Das ist das Gleichssetzungsverfahren:

               II'   =   I'
         -7,5a + 9,7 = -5/6·a + 19/6    |  · 6
         -45a + 58,2 = -5a + 19         |  + 45a
                58,2 = 40a + 19         |  - 19
                39,2 = 40a              |  : 40
                0,98 = a

Mit diesem Wert kann man b leicht ausrechnen: Man muß nur in eine der beiden nach b umgeformten Gleichungen für a den Wert 0,98 einsetzen:

   Einsetzen in I':
         b = -5/6·a + 19/6 = -5/6·0,98 + 19/6 = 2,35

  Einsetzen in II':
         b = -7,5·a + 9,7 = -7,5·0,98 + 9,7 = 2,35

Man wählt sinnvollerweise die angenehmere Gleichung, was hier sicherlich II' ist.

Das Gleichsetzungsverfahren
 
1.)  Löse beide Gleichungen nach der gleichen Variablen auf.
2.)Setze die anderen Seiten der Gleichungen einander gleich.
3.) Löse die so entstandene Gleichung nach der enthaltenen Variablen auf.
4.) Setze die Lösung in eine der umgeformten Gleichungen aus Schritt 1 ein und berechne so die andere Variable.

Vorsicht:
Das Gleichungssystem I: 3x - 4y = 17; II: 2x + 3y = 17 könnte zum Ansatz I=II: 3x - 4y = 2x + 3y verleiten. Das wäre zwar korrekt, denn 17 ist nunmal gleich 17, doch bringt es nichts, da dies noch immer eine Gleichung mit zwei Unbekannten ist. Es fällt nur dann eine Variable weg, wenn man beide Gleichungen nach dieser auflöst und sie durchs Gleichsetzen sozusagen "kurzschließt".

 

Das Einsetzungsverfahren

Ein neues Beispiel. Gegeben sei das Gleichungssystem

  5 - 4x = y  
7x - 3y = 51,5

Wenn man eine der beiden Gleichungen nach einer Variablen aufgelöst hat, so weiß man ihren Wert in Abhängigkeit von der anderen Variablen. In unserem Beispiel ist Gleichung I bereits nach y aufgelöst. Alle y, die Lösung des Gleichungssystems sein wollen, müssen gleich 5 - 4x sein.

Wenn man nun in der anderen Gleichung alle y durch diesen Term ersetzt, der nach der ersten Gleichung gleich y ist, so erhält man eine Gleichung, die nur noch x enthält:

               II:      7x - 3y = 51,5

 Für das y wird (5 - 4x) eingesetzt:
 
             I in II:   7x - 3(5 - 4x) = 51,5

Achtung: Man muß den Term in Klammern setzen, denn sonst würde man nicht das "komplette" y (also 5 - 4x) mal -3 nehmen, sondern nur die 5.

Nun kann man wie oben die Gleichung nach x auflösen und das Resultat in I einsetzen, um y zu berechnen:

                        7x - 3(5 - 4x) = 51,5      |  Klammer auflösen
                        7x - 15 + 12x  = 51,5      |  Zusammenfassen
                              19x - 15 = 51,5      |  + 15
                                   19x = 66,5      |  : 19
                                     x = 3,5

           In I:        y = 5 - 4x = 5 - 4·3,5 = -9
Das Einsetzungsverfahren
 
1.)  Löse eine Gleichungen nach einer Variablen auf.
(Eventuell liegt eine gegebene Gleichung schon passend vor. Verfahre sonst so, daß du möglichst keine oder zumindest "einfache" Brüche erhältst.)
2.)Setze den Term für diese Variable in die andere Gleichung ein.
3.) Löse die so entstandene Gleichung nach der enthaltenen Variablen auf.
4.) Setze die Lösung in die umgeformte Gleichung aus Schritt 1 ein und berechne so die andere Variable.

 

Andere Verfahren

Das Additionsverfahren wird →hier beschrieben und das Gaußsche Eliminationsverfahren →hier.

 

Beispiele

Auf →dieser Seite habe ich drei Beispiele für lineare Gleichungssysteme (je zwei Gleichungen mit zwei Unbekannten) zusammengestellt, die jeweils in allen Möglichkeiten und beiden Verfahren gelöst werden. Das Nachvollziehen der Lösungsschritte sollte fast alle Fragen beantworten.

 

Gleichungssysteme vom Grade 3 lösen

Der Grad gibt an, wieviele Gleichungen und wieviele Unbekannte das Gleichungssystem hat; im Falle 3 also drei Gleichungen mit drei Unbekannten.

Beispiel:

  3a - b = c  
a + 2c = 4 - 4b
2b + c = 1

Es kommt relativ häufig vor, daß nicht in allen Gleichungen alle Variablen vorkommen. Hier fehlt z.B. in III das a. Man kann nun diese 3. Gleichung ausnutzen, um in I und II c zu eliminieren (eliminieren = auslöschen). Dazu lösen wir sie zunächst nach c auf, um sie dann in I und II einzusetzen:

     III:    2b + c = 1   | - 2b
     III':   c = 1 - 2b

     in I:   3a - b = c
             3a - b = 1 - 2b   | +2b
             3a + b = 1

     in II:  a + 2c = 4 - 4b
             a + 2(1 - 2b) = 4 - 4b
             a + 2 - 4b = 4 - 4b    | +4b -2
             a = 2

Damit sind zwei Gleichungen mit insgesamt zwei Unbekannten (a und b) entstanden, also dieses Gleichungssystem:

  3a - b = 1 - 2b  
a = 2

Freudlicherweise kommt in der zweiten Gleichung gar kein b mehr vor, womit die Lösung für a schon bekannt ist und in die erste eingesetzt werden kann, um b zu berechnen:

             3a + b = 1
             3·2 + b = 1   | -6
             b = -5

Mit den nunmehr bekannten Werte für a und b kann c berechnet werden. b allein reicht dafür auch schon aus, da in III' kein a vorkommt:

     in III':  c = 1 - 2b
               c = 1 - 2·(-5) = 1 + 10 = 11

 

Gleichungssysteme mit unendlich vielen Lösungen oder ohne Lösung

Das folgende Gleichungssystem hat keine Lösung:

  x - z = 2y - 5  
y - 4x + z = 6
2x + 3y = 3 - z
      I:      x - z = 2y - 5                | +z
      I':     x = 2y + z - 5

      in II:  y - 4(2y + z - 5) + z = 6
              -7y - 3z + 20 = 6             | -20
      II':    -7y - 3z = -14

      in III: 2(2y + z - 5) + 3y = 3 - z
              7y + 2z - 10 = 3 - z          | +z
              7y + 3z - 10 = 3             | ·(-1)
              -7y - 3z + 10 = -3            | -10
      III'    -7y - 3z = -13

Vergleiche II' mit III'. Die linken Seiten sind identisch, die rechten jedoch nicht. Weiteres Gleichsetzen führt auf die falsche Aussage -14 = -13. In solchen Fällen existiert keine Lösung.

Wäre dagegen das Gleichungssystem so gegeben:

  x - z = 2y - 5  
y - 4x + z = 7
2x + 3y = 3 - z

...dann bekommt man mit analogen Schritten

      ...
      II':    -7y - 3z = -14
      ...
      III'    -7y - 3z = -14

Also zwei identische Gleichungen. Man sagt in einem solchen Fall, die Gleichungen sind linear abhängig. Tatsächlich erhält man III, wenn man I+2·II bildet. Man hat demnach eigentlich nur zwei unabhängige Gleichungen mit drei Unbekannten und kann keine eindeutige Lösung ermitteln.

Man geht in diesen Fällen von einer freien Variablen aus, z.B. z, und beschreibt die übrigen in Abhängigkeit von ihr: y = 2 - 3/7·z, x = 1/7·z - 1.

 

Gleichungssystem mit vier Unbekannten lösen
  I:      6p - q + m = 12n - 5  
II:-2q - 8 = -6p + 8n - 2m
III:2m = 4n - 3p + 5
IV:3p = 9 + 4n + q
      Gleichung IV nach q auflösen:
               3p = 9 + 4n + q     
         IV':  q = 3p - 4n - 9

         IV' in I:
               6p - q + m = 12n - 5
               6p - (3p - 4n - 9) + m = 12n - 5
               6p - 3p + 4n + 9 + m = 12n - 5    | +5 -4n 
         I':   3p + 14 + m = 8n

         IV' in II:
               -2q - 8 = -6p + 8n - 2m
               -2(3p - 4n - 9) - 8 = -6p + 8n - 2m
               -6p + 8n + 18 - 8 = -6p + 8n - 2m    | -8n +6p
               10 = -2m     | :(-2)
               -5 = m       sehr schön!

         in I':
               3p + 14 + (-5) = 8n
               3p + 9 = 8n
               p = 8/3n - 3

         III:  2m = 4n - 3p + 5
               2(-5) = 4n - 3(8/3n - 3) + 5
               -10 = 4n - 8n + 9 + 5
               -10 = -4n + 14        | -14
               -24 = -4n             | :(-4)
               6 = n

               p = 8/3n - 3      (siehe oben)
               p = 8/3·6 - 3
               p = 13

         IV':  q = 3p - 4n - 9 = 3·13 - 4·6 - 9 = 6               

Derartige Gleichungssysteme löst man systematischer mit dem →Gaußschen Verfahren


© Arndt Brünner, 3. 10. 2003
eMail: arndt.bruenner@t-online.de
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